Tiereurythmie
Artikel von Christine van Draanen
Nachdem ich als KLM-Stewardeß neun Jahre lang die Welt von oben gesehen hatte, begann ich 1985 mit dem Eurythmie-Studium an der Akademie für Eurythmie in Den Haag. Der damalige Leiter der Akademie, Werner Barfod, sagte voraus, daß es nicht einfach werden würde, mich auf den Boden zu holen. Aber er sagte: “Laß uns das Risiko eingehen.” Er behielt recht, denn die fünf folgenden Jahre waren schwer für mich. Auch in den darauffolgenden Jahren in der Schule habe ich mich trotz großer Eurythmieerfolge persönlich mit den Kindern schwergetan.
In der Zeit von 1994 bis 1997 absolvierte ich die Heileurythmie-Ausbildung in England, u.a. während der Sommerferien. Später folgten zehn Jahre in einer sozialtherapeutischen Einrichtung, wo ich vor allem mit schwerbehinderten Erwachsenen und Menschen mit autistischen Erkrankungen arbeitete; auch mit Menschen mit nichtangeborenem Hirnschaden. Einzeln, in Gruppen und in einer speziell für die Eurythmie eingerichteten Rollstuhlgruppe wurde wöchentlich geübt, wobei sich nach langer Zeit tatsächlich bei den meisten Menschen Verbesserungen einstellten.
In der Privatpraxis, die ich seit 1997 in Teilzeit führte, wurde mir klar, daß Patienten und Patientinnen, die vom Hausarzt mit Beschwerden zu mir geschickt wurden, ein starkes Bedürfnis hatten, über ihre Beschwerden und über deren Entstehung in der Gegenwart und Vergangenheit zu sprechen. Diese Arbeit lag mir sehr. Dennoch blieb unterschwellig ein Verlangen nach etwas anderem.
Die Idee
Bis zu dem Augenblick, als ich im Jahr 2011 rein intuitiv in einer anthroposophisch orientierten Bibliothek auf die Suche ging und plötzlich auf das Buch ‘Gespräche mit Tieren’ stieß, herausgegeben durch den FLENSBURGER HEFTE-Verlag. In diesem Buch spricht Wolfgang Weirauch mit Hilfe von Verena Staël von Holstein mit Tieren.
Daraufhin schrieb ich ihn an, mit der Frage: “Ist es möglich, Eurythmie auch mit Tieren zu machen?”
Diese Frage hatte mich schon lange beschäftigt, und innerlich sagte ich seit Jahren fortwährend zu mir: Sollte Eurythmie mit Tieren möglich sein, würde ich sofort mit der Eurythmie mit Menschen aufhören.
Die Antwort von Wolfgang Weirauch kam überraschend schnell: “Ja, das ist sogar sehr gut möglich.” Von dem Augenblick an stand für mich fest: Das wird es. Aber wie fängt man an? Wie entwickelt man dies?
Der Beginn
Am meinem Geburtstag im August 2011 rief ich Verena Staël von Holstein an und bat sie um Rat, den ich auch bekam. Konkret begann alles am 10. November 2011 auf einem Bauernhof, auf dem ich mich gerade befand. Der Bauer war in großer Eile, weil der Tierarzt jeden Moment kommen sollte. Seine Kälber waren todkrank. In dem Moment wurde mir klar, daß die Zeit reif war. Ich nahm mir vor, am nächsten Tag anzufangen, und bat den Bauern um die Zustimmung, mit den Kälbern Eurythmie durchzuführen.
Die Kälber waren erst seit kurzem auf dem Bauernhof, nachdem sie im Alter von elf Tagen von ihrer Mutter getrennt worden waren. Jetzt hatten sie Lungenentzündung mit hohem Fieber und erhielten dafür Medizin. Der Tierarzt war überzeugt, daß lediglich eine fünfprozentige Überlebenschance für sie bestand, was ich zu dem Zeitpunkt jedoch nicht wußte.
Seit diesem Morgen war ich einige Male bei ihnen. Eines der beiden Kälber zeigte sich zugänglich, das andere war noch scheu. Ich hängte meine Jacke an einen Nagel im Stall auf und kniete mich im Stroh nieder. Aber was nun? Es schien mir wichtig, auch zu singen. Also sang ich etwas von Bach. Es war deutlich, daß die Kälber Umhüllung brauchten, und dafür verwende ich den Laut B. Außerdem mußte der Stall gereinigt werden, und dazu wandte ich das “Hallelujah” an.
Die Kälber haben überlebt und sind mittlerweile ausgewachsen!
Über eine Eurythmie-Therapeutin aus Bremen, die die therapeutische Heileurythmie weitergeführt hat, bekam ich einige Anweisungen und Übungen, für die ich sehr dankbar war. Ansonsten war es eine Frage von Mut, einfach anzufangen und weiterzumachen.
Übungen von Etschewit
Die nächste Möglichkeit ergab sich, als eine meiner Kursteilnehmerinnen mir erzählte, daß sie einen Fünfstern mit einem ihrer Pferde gelaufen war. Diese Frau, Annelies Akkermans, hatte sieben Pferde und auch noch andere Tiere. So entstand ein Lehrpfad von mehreren Jahren, in denen ich sie wöchentlich besuchte und mit ihren Pferden die Eurythmie-Klänge, Laute und Bewegungen ausübte, sowohl einzeln als auch in der Herde.
In der Zwischenzeit hatte ich beschlossen, Wolfgang Weirauch einzuladen, in den Niederlanden ein Seminar über Naturwesen zu halten. Diese Seminare gab er bereits in Deutschland, der Schweiz und anderen Ländern. Das erste der mittlerweile drei Seminare in Holland fand im Frühjahr 2013 statt. Und während dieses Wochenendes vermittelte er mir einen Besuch bei Verena Staël von Holstein. Mein erster Besuch bei ihr war im Februar 2014. Durch die Vermittlung der Naturwesen, insbesondere durch das Geistwesen Etschewit, haben wir Übungen mit Lautreihen für Tiere entwickelt.
Alles begann mit spezifischen Lautreihen für bestimmte Tierarten, z.B. für Hunde, Katzen, Löwen, Elefanten, Schafe, Rinder usw. Anschließend entwickelten wir spezifische Übungen für diverse Krankheiten und Beschwerden, die das jeweilige Tier haben kann.
Arbeit mit Pferden
Im Prinzip liegt mein Interesse bei allen Tierarten, aber das Schicksal hat es bisher so gewollt, daß ich bisher vor allem mit Pferden arbeitete. Ein Pferd eignet sich auch sehr für die Entwicklung dieser Therapie. Es ist beispielsweise viel schwieriger, bei einem Schaf, einer Ziege oder einer Gans festzustellen, was während einer Therapie geschieht, während ein Pferd für Eurythmie sehr zugänglich ist. Beinahe direkt nach dem Beginn sind deutliche Veränderungen beim Tier, oft auch eine Hingabe an die Therapie zu bemerken. Nach Ablauf der tiereurythmischen Übungen gähnt das Pferd enorm; genauso wie es auch oft bei Menschen während oder nach der Eurythmie zu beobachten ist. Pferde warten glücklicherweise bis nach der Behandlung, bevor sie anfangen zu gähnen!
Mit Annelies Akkermans habe ich das Thema “Was ist ein Tier?” näher untersucht. Welche Bereiche des Tierwesens sind im Physischen verkörpert, welche befinden sich in der geistigen Welt? An wen und an was richte ich mich? Wie bekomme ich eine Verbindung zum Großen Tier, dem Gruppen-Ich? Wer hilft mit bei der therapeutischen Behandlung? Wohin geht ein Tier nach dem Tod? Wen genau spreche ich zu welchem Zeitpunkt an, und wen frage ich eventuell um Hilfe bei der Behandlung? Wo stehe ich genau, wie leite ich die Sitzung ein, und wie beende ich sie? Führen wir die Behandlung draußen auf der Weide durch oder gerade im Stall?
Es geschah z.B., daß ein Pferd, das unter einer Krankheit litt, von mir jede Woche eine Behandlung bekam. Nach Beendigung der Behandlung ging es zurück zur Herde, aber keines der anderen Pferde wollte mehr etwas von ihm wissen. Sie jagten das Pferd fort. Denn die anderen Pferde fühlten, daß bei diesem Pferd etwas verändert war. Das brachte uns dazu, die Herde als Herde, als Gruppe, zu behandeln und darüber hinaus eine Reihe von Pferden nacheinander einzeln zu behandeln.
Ein anderes Pferd wollte lange Zeit nichts mit Eurythmie zu tun haben. Immer wenn ich Anstalten machte, auf der Weide mit der Arbeit zu beginnen, drehte es sich um und lief zu einer anderen Weide um die Ecke des Bauernhofs. Später bekam diese Stute allerdings viele Einzelsitzungen von mir, weil sie u.a. eine schwere Allergie gegen Mücken hatte. Sie kam sofort zu mir, sobald sie mich sah, weil sie wußte, daß ich meine Arbeit immer mit ihr begann. Es schien mitunter sogar so, als würden sich die Pferde etwas für mich ausdenken, so daß ich weiter lernen konnte.
Ich behandelte mit der Tiereurythmie viele akute Krankheiten bei Pferden: Ein Pferd hinkte auf einem Bein nach einem Tritt, andere hatten Wunden oder Schwierigkeiten beim Wasserlassen. Oft jedoch resultierten die Leiden auch aus Vorfällen in der Vergangenheit, und die Pferde litten unter Traumata. Nicht immer weiß der neue Besitzer eines Pferdes, was beim vorherigen Besitzer passiert ist.
Ein schöner Schimmel wurde durch seine Besitzerin bei jemand anderem abgeliefert, weil er alt war und sie ihn nicht mehr so reiten konnte, wie sie wollte. Das Pferd hat bis zu seinem Tod unter dem Gefühl gelitten, ausgedankt zu haben. Dies hatte enormen Einfluß auf seine Konstitution und sein Verhalten. In diesem Fall war meine Herangehensweise bei den Übungen anders.
Traumata kommen häufig vor; wie auch bei Menschen. Und Pferde – wie übrigens viele Tiere – übernehmen zahlreiche Beschwerden von ihren Besitzern und Besitzerinnen. Es ist sogar bekannt, daß sie diese Beschwerden auch widerspiegeln. In einer Phase, in der ich nachts nicht gut schlafen konnte und dadurch morgens sehr müde ankam, legte sich das Pferd, das ich behandeln sollte, immer hin und tat so, als ob es einschlief. Ich behandelte es, während es lag. Bis es plötzlich genug war und das Tier hellwach aufstand. Danach ging die Behandlung dann im Stehen weiter. Es war für mich ein großes Glück, daß ich die Möglichkeiten hatte, all dies bei Annelies auszuüben. Sie saß immer ganz ruhig auf einem Baumstamm dabei und konnte beinahe sofort auf einer tieferen Ebene wahrnehmen, wie die Laute auf das Pferd wirkten. Dadurch konnte sie mir praktische Empfehlungen geben, wie ich mit dem Pferd umgehen mußte.
Ich erinnere mich, daß es mir in der Anfangszeit mit einem Mal plötzlich klar wurde, daß ich die Arbeit mit den Tieren, insbesondere den Pferden, niemals hätte durchführen können ohne alle die vorausgegangenen Erfahrungen mit Kindern, Erwachsenen, Behinderten, Autistinnen und Autisten usw. All das war Vorbereitung für diese Arbeit. In dem Moment, als ich dies begriff, war ich dankbar dafür, daß ich durchgehalten hatte und das Schicksal es mir nicht erlaubt hatte, mit der Eurythmie aufzuhören.
Eurythmie mit Elefanten
Im Zoo kann man, wenn man Glück hat, z.B. einen Moment mit einem Elefanten allein sein. Normalerweise stehen viele Menschen dabei. Am 17. Juli 2014 war ich gegen Ende der Öffnungszeit bei den Elefanten im Zoo. Eine Familie mit quengelnden Kindern war dabei wegzugehen. Auf einmal waren alle Besucher verschwunden, und plötzlich wurde es still. Es war warm und windstill. Die Elefanten, zwei Elefantenkühe und ein kleiner Elefant, kamen gerade zum Fressen nach draußen. Der Bulle stand etwas weiter entfernt. Auf einmal wurde mir klar, daß sich hier eine Möglichkeit bot, etwas auszuprobieren. Wie ein Dieb schaute ich mich um, um mich zu vergewissern, daß wirklich niemand mehr dort war, auch kein Tierpfleger. Alles war still und friedlich. Es war, als wären die Elefanten und ich allein auf der Welt.
Mir fielen die eurythmischen Laute für Elefanten ein. Ich dachte “jetzt oder nie” und fing an, die Laute zu sprechen und mich danach zu bewegen. Die Tiere fraßen ruhig weiter. Die Anlage dieses alten Zoos erlaubt es, daß man noch nah bei den Tieren stehen kann. Ein Elefant schaut einen nicht direkt an, so wie ein Pferd das tun kann. Aber der Kontakt war deutlich fühlbar. Nach einer Weile liefen sie zu einem anderen Futtertrog, und ich lief mit zu einer Stelle, wo wir noch abgelegener standen. Nach ungefähr einer Viertelstunde war mir klar, daß ich sie verlassen mußte, da ich sonst nicht mehr rauskommen würde. Das Weggehen fiel mir schwer. Ich ging langsam rückwärts – glücklicherweise können wir Eurythmistinnen und Eurythmisten das sehr gut -, wobei ich meinen Blick auf den Elefanten ruhen ließ, und ich ließ sie schweren Herzens zurück.
Als ich am Parkplatz ankam, waren dort kaum noch Autos. Unter den Bäumen in der waldreichen Umgebung öffnete ich den Kofferraum meines Wagens und trank und aß noch etwas, bevor ich losfahren wollte. Als ich langsam zum Ausgang fuhr und das Radio anstellte, hörte ich von dem Flugzeugunglück in der Ukraine. Ich fragte mich, wie es möglich war, daß ich in Ruhe und Frieden mit den Elefanten zusammen sein konnte, während zur gleichen Zeit dieses Unglück passierte und das ganze Land und die ganze Welt damit beschäftigt war. Das Gefühl, daß wir allein auf der Welt gewesen waren, stimmte im nachhinein. Jeder und jede andere war in Gedanken und Gefühlen am Unglücksort gewesen. Dadurch war es gewissermaßen ätherisch leer gewesen, und daher waren wir tatsächlich die einzigen, die in diesem Moment dort waren.
In einem anderen Zoo, einige Monate später, kam gerade in dem Augenblick, als ich ankam, ein riesiger Elefantenbulle zum Fressen nach draußen. In diesem Zoo kommt man auch nah an die Elefanten heran, obwohl es Gitter gibt. Dieser Bulle mit dem Namen Mekong war vorübergehend aus Prag zu Besuch als Teil eines Fortpflanzungsprogramms. Er bekam einen Eimer mit kleinen Möhrenstückchen, die er genüßlich mit seinem Rüssel packte und ruhig verspeiste. Ich war umgeben von vielen Menschen, die sich in zahlreichen Sprachen unterhielten. Ich sagte innerlich zu Etschewit, daß ich so natürlich keine Eurythmie betreiben konnte. Aber nach einer Weile merkte ich, daß niemand mehr da war. Alle Menschen waren weitergegangen, und ich stand als einzige noch bei Mekong, der mich durchaus wahrzunehmen schien. Ich habe damals ganz leise die Elefanten-Laute gesprochen und mit meinen beiden Zeigefingern beinah unsichtbare Gebärden gemacht. Solche kleinen Gebärden für so ein großes Tier!
Eurythmie mit Kühen
Im Frühjahr 2015 besuchte ich den Bauernhof Fünfsprung in Vorden in Holland. Das junge Bauernehepaar Brigitta und Guus haben eine Herde von 45 Milchkühen, die den größten Teil des Jahres draußen auf der Weide stehen. Da der Bauernhof über viel Weidefläche verfügt, stehen die Tiere ständig auf anderen Flächen, und der Wechsel ist sowohl für die Tiere als auch für den Boden gesund. Das junge Bauernehepaar machte sich vielfache Gedanken über streßfreie Kuhhaltung, u.a. über Eutergesundheitsprobleme und darüber, wie sie überhaupt noch mehr in wesentlichen Kontakt zu den Kühen treten konnten.
Während ich mich unter die Herde begebe, grasen einige Kühe ruhig weiter, andere liegen und sind mit Wiederkäuen beschäftigt. Zunächst suche ich die Verbindung zum Herdenwesen. Danach führe ich einige Übungen mit den Lauten durch, die sich speziell für die Kuh im allgemeinen eignen. Dann konzentriere ich mich aufs Heilen, und zwar auf das Wesensglied, auf das ich einwirken will – den physischen Leib, den Ätherleib oder den Astralleib – und dann auf den Bereich, in dem sich das jeweilige Problem äußert.
Wenn die Kühe wegen eines Problems, wie z.B. einer Euterentzündung, mit einem roten Band markiert sind, so daß sie einfach von den gesunden Kühen zu unterscheiden sind, kann ich sie dadurch separat als Gruppe in mein Bewußtsein aufnehmen. Dann führe ich erst Übungen mit diesen markierten Kühen durch. Danach nehme ich die gesunden Kühe in mein Bewußtsein auf und führe mit ihnen Übungen durch.
Ich bitte das Herdenwesen, dabei zu helfen, daß die Übungen die richtigen Tiere erreichen. Abschließend mache ich die Laute des “Hallelujah” vor der gesamten Herde.
Die Kälber, die zu der Zeit im Stall stehen, behandle ich dort, während ich auf einem umgekehrten Eimer im Stroh sitze.
Die Bäuerin mailte drei Wochen später, daß noch am selben Abend große Ruhe bei der Begegnung zwischen den Kühen und Kälbern herrschte. Es stellte sich auch heraus, daß alle 45 Kühe von diesem Moment an vier Liter weniger Milch pro Tag gaben, ohne daß an der Futterration etwas verändert wurde. Nach einigen Wochen war die Milchmenge aber wieder die gleiche wie vorher. – Es liegt auf der Hand, daß hier etwas passiert ist. Auf Nachfrage bei Verena Stäel von Holstein ergeben sich deutliche Erklärungen:
“Die Kühe haben weniger Milch gegeben, weil die Milch konzentrierter und besser war. In der Milch war alles enthalten wie sonst auch, nur nicht soviel Wasser. Das Wasser – oder besser gesagt die ätherische Kraft von den vier Litern – hat die Kuh für ihre eigene Heilung verbraucht. Es kam allerdings die gleiche Menge Käse heraus wie zuvor, als die Kühe vier Liter Milch mehr gaben.”
Es ist interessant festzustellen, daß der veränderte Gehalt der Milch nach der Eurythmie direkt durch den Bauern wahrgenommen wurde, auch daß die Qualität des Käses auf die Weise zu messen ist.
Es ist also möglich, die Verbindung zwischen den Bauern und den Kühen zu verbessern, indem man den Kontakt mit dem Herdenwesen sucht. Dieses Herdenwesen ist immer anzusprechen und bevorzugt Laute. Jede Veränderung, die im Leben der Kühe stattfindet – wie z.B. der Wechsel der Weide oder der Menschen, die bei den Kühen helfen – und viele andere Situationsveränderungen können aufgefangen und begleitet werden, indem man die Herde vorab informiert. Das kann dadurch geschehen, daß der Bauer oder die Bäuerin sich an das Herdenwesen wendet. Anfangs erscheint das vielleicht etwas befremdlich, aber schnell wird die Wirkung sichtbar.
Arbeit mit einem Hund
Der Hund als großer Menschenfreund ist ein Wesen, für das Menschen oft alles bereit sind zu tun. Aber der Tierarzt kann nur bis zu einer bestimmten Ebene behandeln, wenn es um andere als physische Probleme geht. Mit Traumata, entstanden durch schlechte Erfahrungen, kann ein Tierarzt nicht viel anfangen.
Ich bin bei Walter zu Hause. Er ist ein sechsjähriger alter Mastino Napolitano und ungefähr 60 Kilo schwer. Walter hatte es schwer bei seinem ersten Besitzer, der ihn schlecht behandelte. Das zweite Herrchen behandelte ihn ein bißchen besser, hatte aber keinen Platz für einen so großen Hund. Er hat Walter an eine liebe Familie gegeben, die im Wald von Den Dolder in einem Haus auf einem 19.000 m2 großen Grundstück wohnt. Der Hund ist bereits zwei Jahre alt und kann dort zusammen mit seinen drei Hundefreunden, zwei Corkis und einem Leonberger, glücklich leben; als einziger Rüde mit drei Weibchen. Nur holt ihn seine Vergangenheit ab und zu ein.
Er leidet unter der Angst, verlassen zu werden, und kann es nicht ertragen, wenn eine Tür zwischen ihm und seinen geliebten Personen zugeht. Ab und zu, wenn Kinder zum Spielen kommen, die Angst vor solch einem großen Hund haben, muß Walter in ein anderes Zimmer gehen, und das greift seine Nerven an.
Für meine erste Übung will ich mich ruhig mit ihm ins Wohnzimmer zurückziehen, während die Familie und die anderen Hunde draußen hinter der gläsernen Gartentür sind. Walter jedoch konzentriert sich allein auf sie und schaut sehnsuchtsvoll durch das Fenster auf die Terrasse. Also hatte ich dieses Mal keinen Erfolg. Ich mußte mir meine bisherigen Behandlungspläne total aus dem Kopf schlagen und eine neue Planung entwerfen.
Bei meinem zweiten Besuch im Juli hatten wir strahlendes Sonnenwetter. Die Idee, mit Walter allein zu sein, mußte ich aufgeben. Zusammen mit Frauchen, Herrchen und den anderen drei Hunden ging ich in den Garten und suchte einen Platz unter einem riesigen Nußbaum. Dort setzte ich mich zwischen die Sträucher und lud Walter ein, sich auch hinzusetzen; was er auch tat, wenn auch mit einem Auge auf seine Familie gerichtet. Er ließ sich – mir seinen Rücken zugewandt – auf meinen Füßen nieder. Das paßte gut, denn so konnte ich gut auf seinen Rücken und den Darm einwirken, der noch regelmäßig dünnen Stuhlgang produzierte. Wie beim Menschen wirken sich Spannungen auch bei Tieren auf die Gedärme aus.
Das geliebte Herrchen unterhielt sich etwas weiter weg im Garten mit seinem Sohn. Das Frauchen blieb bei uns, ebenso die anderen Hunde. Ich begann mit dem Laut B, der mir am geeignetsten schien. Eine weitere Lautreihe für Spannungen und Streß wandte ich anschließend an. Mitten in der Lautreihe kam allerdings unerwarteter Besuch, und alle Hunde stürmten bellend weg. Nachdem Walter zurückgebracht worden war, machten wir weiter und zogen um zu einer ruhigeren Stelle, wo ich das “Hallelujah” durchführen konnte, ebenso das große B für seinen Rücken. Walter begann in der Tat, sich zu entspannen. Für diese erste Behandlung waren diese Übungen genug.
Jetzt, einige Wochen nach den Behandlungen, teilte mir die Familie gerade mit, daß Walter mittlerweile draußen auf der Terrasse allein sein kann und nicht mehr zu heulen beginnt, wenn die Tür zwischen ihm und seinen Menschen geschlossen wird. Sie sind begeistert.
Die Zeit, um mit einem Tier zu arbeiten, ist anders als beim Menschen. Das Tier lebt in der sogenannten Traumzeit, und für ein Tier sind fünf Minuten Therapie dasselbe wie eine Stunde für den Menschen. Eine Viertelstunde ist also mehr als genug. Vor allem, wenn sich das Tier der Therapie ausliefert und ein bißchen schläfrig wird, wirkt diese tief. Eine Minute ist auf diese Weise schon sehr wirksam.
Als Anfängerin in der Eurythmie ist man an einen vollkommenen Kreis gewöhnt, den man jahrelang mit den Eurythmiestudierenden und Kollegen und Kolleginnen bildet. Während dieser Übungen ist es stiller als still. Wenn man aber später vor einer Klasse steht, sieht der Kreis, den die Kinder machen, ganz anders aus, und auch verschiedenste Geräusche kommen hinzu. Damit lernt man im Laufe der Jahre umzugehen. Später arbeitet man vielleicht, wie in meinem Fall, mit schwerbehinderten Menschen, und dann scheint ein runder Kreis weiter entfernt als der Mond. Es sind immer Geräusche dabei, auch wenn es angeblich still ist. Ich arbeitete auch mit einer Rollstuhlgruppe, u.a. mit Menschen mit nichtangeborenem Hirnschaden; und der Kreis, der dabei entsteht, ist wieder ein ganz anderer. Dasselbe gilt auch für das Laufen des Fünf- oder Siebensternes mit den genannten Gruppen.
Was fordert das von einer Eurythmistin? Wenn man das aushalten, ja selbst genießen kann, dann kann man auch eine Herde Tiere mit Eurythmie behandeln, die während dieser Momente häufig noch weiterfressen oder bellen oder wiehern.
Was hoffe ich mit dieser Erzählung zu erreichen? Vielleicht daß Eurythmistinnen und Eurythmisten begreifen, daß es noch eine andere Welt gibt, in der sie ihre Arbeit, ihr Talent und ihre Energie einsetzen können: die Welt der Tiere und ihrer Besitzer. Sie brauchen diese Arbeit sehr.
Dit artikel is met toestemming van de uitgever overgenomen uit: Flensburger Hefte nr. 129 “Tierkommunikation”